Die spannende Welt der Bilingualität
4 minute readMit unserem Bilderbuch „100 Wörter“ feiern wir die wunderbare zweisprachige Wörterwelt! Die zweisprachige Erziehung ist ein spannendes Thema, das viele Eltern bewegt. In diesem Blogartikel haben wir wissenschaftliche Fakten für dich gesammelt, um mit einigen Mythen rund um die Bilingualität aufzuräumen.
Bilingualität: Code Switching
Beim Thema zweisprachige Erziehung fragen sich viele, wie vorteilhaft sie für das Kind sein kann. So stellt sich beispielsweise oftmals die Frage, ob eine zweisprachige Erziehung das Kind überfordern könnte. Das kommt unter anderem daher, dass zweisprachige Kinder gelegentlich zwischen Sprachen hin und her wechseln. Wenn also Kinder zwei Sprachen vermischten, wurde dies oft als eine Verwirrung in den Sprachen gedeutet. Man weiß heute, dass das Code Switching nichts mit Sprachverwirrung zu tun hat und vielmehr eine soziale und kommunikative Funktion übernimmt. Das Code Switching ist ganz normal, kann auch bei Erwachsenen beobachtet werden und gehört zum mehrsprachigen Sprachgebrauch dazu.[1]
Die Sprachentwicklung bei Bilingualität
Auch haben Kinder die Fähigkeit, bereits im frühen Alter mehrere Sprachen mühelos zu erlernen. Das Erlernen mehrerer Sprachen überfordert das Kind daher nicht. Zweisprachige Kinder stehen in Bezug auf ihre Sprachentwicklung zwar gleichaltrigen einsprachigen Kindern nach – aber nur, wenn die Sprachentwicklung einer Sprache des zweisprachigen Kindes mit der des einsprachigen Kindes verglichen wird. Es kann also sein, dass es bei zweisprachigen Kindern etwas dauert, bis sie beide Sprachen im Vergleich zu einsprachigen Kindern sicher beherrschen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zweisprachige Kinder zunächst zwei Sprachsysteme und Wortschätze separat erlernen und erwerben müssen, was sich wiederum auf die Geschwindigkeit der gesamten Sprachentwicklung auswirkt. Dieser Umstand wird mit zunehmenden Alter wieder ausgeglichen, wenn Eltern und Erziehende den Sprachgebrauch beider Sprachen kontinuierlich weiter fördern.[2]
Das soziale Umfeld
Oft besteht zudem die Sorge, dass das Kind sich aufgrund der Bilingualität nicht in eine Gruppe Gleichaltriger integrieren kann. Hier ist aber eher die Persönlichkeit des Kindes ausschlaggebend: Kinder, die sehr gesellig sind, scheinen die Sprache schneller zu lernen als Kinder, die eher schüchtern sind.[3]
Hier können Eltern, Erziehende und Fachkräfte das Kind unterstützen, in dem sie in Bezug auf verschiedene Sprachen im Kita- und Schulalltag und der zweisprachigen Erziehung selbstsicher und offen auftreten.
Weitere Tipps für die zweisprachige Erziehung findest du in diesem Blogartikel.
Unser bilinguales Bildwörterbuch
„100 Wörter“ nimmt das Kind mit auf eine spannende Reise durch die Jahreszeiten. Auf jeder Seite warten bunte Bilder und eine Menge neue Wörter. Unser Bildwörterbuch soll es dem Kind ermöglichen, den eigenen Wortschatz mit Leichtigkeit und Freude zu erweitern. Die bunten Illustrationen helfen dabei, sich einzelne Begriffe schneller und besser merken zu können – denn schon Kleinkinder können Bilder intuitiv entschlüsseln und aufnehmen. Werden also Bilder noch mit neuen Wörtern verknüpft, dann bilden sie für das Kind eine Einheit, welche es noch schneller verarbeiten und abspeichern kann.[4]
Vorteile einer zweisprachigen Erziehung
Kinder, die zweisprachig aufwachsen, entwickeln ein besseres Gefühl für Sprachen und können besser über Sprache nachdenken (metasprachliches Bewusstsein).[5]
Zweisprachige Kinder verfügen über ein anderes Wörterbewusstsein und können leichter damit umgehen, wenn unbekannte, neue Wörter in bekannte Sätze eingesetzt werden und auch, wenn für Dinge neue Bezeichnungen verwendet werden.[6]
Studien belegen zudem, dass zweisprachige Kinder mehr Interesse an Sprachen entwickeln und auch sprachgewandter sind als einsprachige Kinder. Sie scheinen später leichter eine weitere Sprache lernen zu können. Dies gilt vor allem für Kinder, die bereits früh zweisprachig aufwachsen – sie können eine weitere Sprache besser in ihr vorhandenes “sprachliches Netzwerk” integrieren.[7]
Ebenso besitzen bilinguale Kinder ein besseres Gespür für kulturelle Unterschiede. Sie können sich besser in die Vorstellungen anderer hineinversetzen[8] und sind so eher in der Lage, andere Sprachen und Traditionen wertzuschätzen.
Zuletzt bringt die Bilingualität natürlich auch wirtschaftliche Vorteile mit sich: Die Kenntnis einer weiteren Sprache kann auch später auf dem Arbeitsmarkt vorteilhaft sein.
Quellen:
[1] Vgl. Hoff 2015: 487.
[2] Vgl. Hoff 2015: 490f.
[3] Vgl. Hoff 2015: 497f.
[4] Vgl. Strauber 2020: 6; vgl. auch Van der Bijl 2006: 44.
[5] Vgl. Hoff 2015: 501; vgl. auch Rinker/Sachse 2012: 89.
[6] Vgl. Groschoff 2012: 92.
[7] Vgl. Rinker/Sachse 2012: 90; vgl. auch Ausführungen von Tracy 2008: 104; vgl. Ausführungen zu Auswirkungen kultureller und umweltbedingter Faktoren auf die menschliche Kognition in Groschoff 2012: 82ff.
[8] Vgl. Tracy 2014: 31.
Groschoff, U.: Ist Zweisprachigkeit ein Kinderspiel? Soziale, kognitive und linguistische Auswirkungen von zweisprachiger Erziehung. Berlin (2012).
Hoff, E.: Language development in bilingual children. In: E. L. Bavin and L, R. Naigles (eds): The Cambridge Handbook of Child Language. Cambridge Handbooks in Language and Linguistics. Cambridge (2015): 483-503.
Rinker, T. and Sachse, S.: Spracherwerb und Gehirnforschung (unter Berücksichtigung des mehrsprachigen Spracherwerbs). In: H. Günther & W. R. Bindel (eds.): Sprachförderung in Kindergarten und Vorschule. Baltmannsweiler (2012): 81-95.
Strauber, B. C. et al.: Using a picture-embedded method to support acquisition of sight word. In: Journal of the European Association for Research on Learning and Instruction 65 (2020): 1-8.
Tracy, R.: Wie Kinder Sprachen lernen, und wie wir sie dabei unterstützen können. Tübingen (2007).
Tracy, R.: Mehrsprachigkeit: Vom Störfall zum Glücksfall. In: Krifka, M. et al. (Hrsg.): Das mehrsprachige Klassenzimmer. Über die Muttersprachen unserer Schüler. Berlin/Heidelberg (2014): 13-34.
Van der Bijl, C. et al.: A comparison of two strategies of sight word instruction in children with mental disability. In: Research in Developmental Disabilities 27 (2006): 44-55.